Tscherkessen

Tscherkessen
Tscherkẹssen,
 
Eigenbezeichnung Adỵge, Adịghe, früher Zirkạssi|er, zusammenfassende Bezeichnung für Angehörige kulturell wie sprachlich verwandter Stämme (kaukasische Sprachen), die vor 1864 im westlichen Kaukasus und seinem Vorland vom Schwarzen Meer bis zum Kuban (mit der Halbinsel Taman), im Osten bis zum Oberlauf des Terek ansässig waren. Danach flohen etwa 80 % der damals etwa 700 000 bis 1 Mio. Tscherkessen vor den dieses Gebiet erobernden Russen und verstreuten sich über das ganze Osmanische Reich. Schätzungen rechnen in Vorderasien (Syrien, Jordanien, Israel, Irak, Türkei) mit etwa 1,2 Mio. Menschen tscherkessischer Abstammung. In Russland wurden die Tscherkessen administrativ in drei Gruppen aufgeteilt: Unter dem Namen Adygei wurden Reste der Niedertscherkessischen Stämme (Kjachen) am Kuban und seinen Nebenflüssen zusammengefasst (Abadsechen, Beslenen, Bseduchen, Khatukai, Makosch, Schapsugen, Temirgoi u. a.) und für sie das Adygeisch-Tscherkessische Autonome Gebiet (ab 1928 nur noch Adygeisches Autonomes Gebiet), seit 1990 die Republik Adygien, errichtet; einschließlich der Kleinen Schapsugen nahe der Küste des Schwarzen Meeres bei Tuapse sind es etwa 125 000 Menschen. Als eigentliche Tscherkessen werden die im Norden Karatschaio-Tscherkessiens lebenden Teile des Volkes (etwa 40 000 Menschen) bezeichnet, v. a. vom Stamm der Beslenen. Die bereits in vorrussischer Zeit nicht mehr in Stämmen, sondern feudal organisierten Obertscherkessen oder Kabardiner wurden durch die russische Eroberung weniger beeinträchtigt und wohnen v. a. im Norden und Nordosten der Republik Kabardino-Balkarien. Nahe verwandt sind die Abasen, Abchasen und Ubychen. Traditionelle Wirtschaftsformen waren Ackerbau und Viehhaltung mit berühmter Pferdezucht (Reiterspiele). Die Tscherkessen wurden, nach nur oberflächlicher Christianisierung (Orthodoxe), mit Ausnahme weniger (1939 etwa 2 100) Kabardiner bei Mosdok im 18. Jahrhundert islamisiert (Sunniten).
 
 
Durch die Mongoleneinfälle wurden die Tscherkessen im 13. Jahrhundert aus ihren ursprünglichen Wohnsitzen im Küstenbereich des Asowschen und Schwarzen Meeres in den Kaukasus abgedrängt. Ab dem 18. Jahrhundert standen sie im Spannungsfeld russischer Expansion und osmanischer Hoheitsansprüche. Als Folge russischer Zwangsmaßnahmen und kosakischer Übergriffe kam es zu Aufständen und ab etwa 1840 zur Teilnahme der Tscherkessen an den kaukasischen Freiheitskriegen. Sie wurden bis 1864 als letztes der kaukasischen Völker durch Russland unterworfen.

Universal-Lexikon. 2012.

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